Verkehrswende first, Bedenken second!

Verkehrswende first, Bedenken second!

 

In Politik und Wirtschaft wird weiter ordentlich gegen eine Verkehrswende polemisiert. In der Hannoverschen Allgemeinen kommen gleich drei Kritiker zu Wort, die mit Ängsten vor wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen spielen:

  1. „Wir müssen verhindern, dass unsere Industrie in Deutschland in die Knie geht,“ warnt CDU Landeschef Bend Altusmann mit Blick auf mögliche Diesel-Fahrverbote.
  2. FDP-Fraktionsvize im Landtag Jörg Bode erklärt, die von der EU beschlossenen schärferen Auflagen für die Automobilindustrie gleich zum „hellen Wahnsinn“. Die politisch gewollte Entwicklung hin zur Elektromobilität, solle man außerdem besser umkehren.
  3. Zu guter Letzt, verweist auch noch VW-Aufsichtsratschef Pötsch auf die hohen Kosten von Elektroautos und erklärt diese zu einer Belastung für Geringverdiener.

 

Da bleibt einem fast die Spucke weg. Wir versuchen uns dennoch an einer kurzen – sachlichen – Replik:

  • Veränderte gesellschaftliche Wünsche und Anforderungen an „die Wirtschaft“ sowie technische Innovationen sind schon immer fester Bestandteil des Wirtschaftsprozesses – das nennt man gemeinhin Strukturwandel. Im Zweifelsfall sogar Fortschritt. Selbst neoliberale Vordenker wie Alexander Rüstow haben schon in den 1930er Jahren gefordert, solche Anpassungsprozesse politisch zu unterstützen und damit zu beschleunigen, statt alte Strukturen durch Subventionen etc. künstlich am Leben zu erhalten.
  • Dass die deutsche Automobilindustrie bei der Entwicklung neuer Antriebsarten international hinterherhinkt, wird wohl von kaum einem Experten ernstlich bestritten. Mit Blick auf „unsere Industrie in Deutschland“ stellt sich vor allem die Frage, ob es gelingt, den Technologierückstand doch noch aufzuholen, oder ob das Management weiter auf kurzfristig hohe Gewinnmargen setzt, statt eine Wende einzuleiten.
  • Gerade mit Blick auf die vielen Arbeitsplätze in der Automobilindustrie und den Zulieferbetrieben, ist zu hoffen, dass ein Wandel schnellstmöglich eingeleitet wird. Was passiert, wenn Unternehmen Trends verschlafen oder nicht bereit sind auf neue Technologien zu setzen, hat sich in der Vergangenheit öfter gezeigt. Bezugnehmend auf den Niedergang des ehemaligen Weltmarktführers im Bereich Fotographie, der eine Digitalisierung ablehnte, spricht Ulrich Wilk vom VCD treffend vom „Kodak-Effekt“ (ein neueres Beispiel wäre auch Nokia).
  • Auch dass neue, innovative Produkte zunächst(!) teurer sind, heißt wohl kaum, dass man nicht auf diese neuen Technologien setzen sollte. Wie das Beispiel Smartphones zeigt, setzen sich bestimmte Technologien nicht nur rasend schnell durch, sondern werden auch preislich sehr schnell erschwinglich.
  • Der Vergleich mit der Digitalisierung ist darüber hinaus sinnvoll, da auch hier die öffentliche Infrastruktur – Netz- bzw. Breitbandausbau – der privaten Entwicklung hinterherhinkt(e). Dennoch hat sich die Technologie im privaten Bereich durchgesetzt und die Politik damit zu verstärktem Engagement und Investitionen gezwungen. Die mangelnde Lade-Infrastruktur für E-Autos als entscheidenden Hinderungsgrund für deren Durchsetzung anzuführen, ist daher unzureichend.

 

Bleibt abschließend festzustellen: was fehlt – in Politik wie Wirtschaft – ist lediglich der Wille, beziehungsweise der Mut.

Statt den notwendigen Strukturwandel in der Wirtschaft aufzuhalten und mit Ängsten Politik zu machen, fordern wir mutig voran zu gehen: Verkehrswende first, Bedenken second!

AK, 21.01.2019