Jahresbilanz Nr. 2: Transparenz

Jahresbilanz Nr. 2: Transparenz

Dass die seit 2010 geltenden Grenzwerte für Stickstoffdioxid (NO₂) seit ihrem in Kraft treten, in zahlreichen deutschen Städten nicht eingehalten wurden, hat lange kaum jemanden interessiert.

Erst seit die Deutsche Umwelthilfe (DUH) vor Gericht Fahrverbote einklagt, stehen die Grenzwerte im Fokus der Politik – und werden mit kruden Methoden und Vergleichen angezweifelt. (Aufklärung über die verqueren Vergleiche bietet Kristin Becker für den tagesschau faktenfinder.)

Zusätzlich wird die Aussagekraft der Messwerte angezweifelt, indem die Standorte der  Messstationen kritisiert werden – wie zuletzt von der niedersächischen FDP-Fraktion.

Auch der vormalige niedersächsische Wirtschaftsminister und heutige Umweltminister Olaf Lies (SPD), will von Fahrverboten nichts wissen. In ein paar Jahren, so die Überzeugung, würden die Grenzwerte auch ohne Fahrverbote eingehalten werden.

Statt die Automobilindustrie für den entstandenen Schaden zur Rechenschaft zu ziehen, wird schließlich ein anderer Sündenbock ausgewählt: vor allem die Deutsche Umwelthilfe, der die CDU für ihr Bestreben die Bundesrepublik zur Einhaltung der eigenen Gesetze zu zwingen, am liebsten die Gemeinnützigkeit entziehen würde.

Die zahlreichen Äußerungen und Ablenkungsversuche zeigen, dass die Politik das Grundproblem noch immer nicht verstanden hat. Es geht in erster Linie nicht um Fahrverbote oder um Grenzwerte, sondern um den Gesundheitsschutz tausender Betroffener.

Die von der Europäischen Union festgelegten Grenzwerte – basierend auf den Einschätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) – sind lediglich Mittel zum Zweck. Sie geben Auskunft über die Luftqualität und können so oder so lediglich ein Indikator sein.

Das heißt aber auch, dass selbst wenn die geltenden Grenzwerte in naher Zukunft gerade so eingehalten werden, die Luft noch lange nicht sauber ist.

Vor allem: Kein Mensch atmet „Jahresmittelwerte“ ein. Was wir einatmen, was uns schadet und krank macht, sind beispielsweise die Belastungsspitzen, die zu Stoßzeiten auftreten. Und wer an einer vielbefahrenen Straße wohnt, ist einer viel größeren und durchgängigeren Belastung ausgesetzt, als die Bewohner ruhiger Seitenstraßen. Eine knappe Einhaltung der Grenzwerte ändert daher kaum etwas an den realen Belastungen.

Wie sieht es in Hannover aus?

Im Februar hat das Ampel-Bündnis aus FDP, Grünen und SPD einen Antrag im Rat eingebracht mit dem schönen Titel: „Saubere Luft für Hannover“. Darin forderten die Parteien, „Geeignete Information und Aufklärung über die aktuelle Belastung durch Luftschadstoffe im hannoverschen Straßennetz“

Leider zeigt sich, dass eine solch allgemeine Formulierung natürlich viel zu luftig ist. Bei der LHH löste sie jedenfalls keineswegs hektische Tätigkeit aus. Passiert ist vielmehr: nichts.

Im Sachstandsbericht, der im Dezember von der Verwaltung erstellt wurde und über die Umsetzung der beantragten Maßnahmen unterichtet, heißt es dazu lapidar:

„Die Daten sind über das Internet, eine spezielle App für Smartphone und auch über Teletext stündlich aktualisiert einzusehen. Eine allgemeine Beschreibung der Luftschadstoffbelastung erfolgt seit 2004 regelmäßig über www.hannover.de, verschiedene Flyer und Veranstaltungen (z. B. autofreier Sonntag).“

Wie wenig die LHH daran interessiert ist, über die schlechten Luftwerte aufzuklären, zeigt sich schon darin, dass weder die Internetseite (oder Teletext-Seite) angegeben wird, über welche die aktuellen Luftwerte abgerufen werden können. Aktuelle Daten findet man auch nicht auf hannover.de (wo lediglich ein Link versteckt ist), sondern vielmehr auf der Seite des Niedersächsischen Umweltministeriums: https://www.umwelt.niedersachsen.de/themen/luft/luen/aktuelle_messwerte/

Wie sensibilisiert man bei der LHH für ‚das Thema‘ ist, zeigt sich weiter darin, dass ganz allgemein von „die Daten“ gesprochen wird. Ein Schelm, wer hier vermutet, dass die Missetäter – Stickstoffdioxid, Feinstaub – absichtlich nicht beim Namen genannt werden.

Darüber hinaus wird hervorgehoben, „die Daten“ seien „stündlich aktualisiert“ (Hervorh. im Original) abrufbar. Nicht erwähnt wird, dass über die (nicht genannte) Website lediglich die Werte von einer einzigen straßennahen Messstation in Hannover abrufbar sind (Göttinger Straße). Die weiteren vier Messstationen in Hannover (Friedrich-Ebert-Str., Marienstraße, Bornumer Straße, Vahrenwalder Str.), messen die Luftqualität lediglich über sogenannte Passivsammler, deren Messergebnisse dementsprechend erst im Nachhinein zu erfahren sind (s. unten UBA).

Interessante Ideen, wie die Luftbelastung im Stadtbild abgebildet werden könnte, gibt es bereits (Wiesbaden I, Wiesbaden II). In Hannover hat man daran jedoch kein Interesse. Die Luftverschmutzung bleibt somit weiterhin unsichtbar.

Wer sich informieren möchte, ist deshalb auf andere Quellen angewiesen. Hier eine kurze Zusammenstellung von Webadressen:

AK, 20.01.2019