HannovAIR beim HAZ-Forum zur Diesel-Debatte

HannovAIR beim HAZ-Forum zur Diesel-Debatte

Seit das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig Ende Februar die Möglichkeit von kommunal verhängten Fahrverboten bestätigt hatte, wurde es auffällig ruhig an der Stadtspitze; liegt doch der längst überfällige, neue Luftreinhalteplan noch immer nicht vor.

Diese Ungewissheit aufgreifend, lud die HAZ vergangene Woche zu einer Podiumsdiskussion über drohende Fahrverbote und die Aussichten diese zu verhindern. Eingeladen waren Oberbürgermeister Stefan Schostok, Umweltminister Olaf Lies, Christian Reinicke vom ADAC, Susanne Schmitt von der IHK Niedersachsen – und wir! Die Chance ließen wir uns natürlich nicht entgehen und erlebten einen spannenden und emotionalen Abend.

Zu Beginn erklärte OB Schostok abermals, Fahrverbote nicht ausschließen zu können und zeigte sich merklich selbstkritisch. Er gab zu, „dass man zehn Jahre versäumt hat, die Probleme zu lösen. Das ist eine Schande.“

Dennoch verzichtete Schostok nicht darauf den Teufel an die Wand zu malen, zu warnen vor vermeintlich „radikalen Schnitten“, „einer Katastrophe“ von der sich Hannover lange nicht erholen würde. Die Hauptschuld für die Bedrohung wurde selbstverständlich anderswo verortet: Der Diesel-Skandal hätte aufgedeckt, so Schostok, warum die Schadstoffwerte in Hannover nicht weiter gesunken seien. Die steigenden KFZ-Zulassungszahlen und der ebenso gestiegene Anteil von Dieselfahrzeugen wurde dabei nicht berücksichtigt.

Auch Olaf Lies verwies lieber auf die Notwendigkeit des Bundes, Geld für eine Verkehrswende bereitzustellen, anstatt neue Vorschläge zu machen, wie er Fahrverbote in Hannover verhindern wolle. Lies zeigte sich dabei überzeugt, die Menschen schützen zu müssen, die sich einen Diesel gekauft hätten.

Susanne Schmitt von der IHK begnügte sich damit, die ausgetretene Forderung einer „grünen Welle“ für den Autoverkehr zum besten zu geben und Olaf Reinicke vom ADAC kündigte schonmal pro forma eine Klage an, falls Fahrverbote eingesetzt würden.

HannovAIR-Vertreter Arne Käthner kritisierte die Haltung, den schwarzen Peter für mögliche Fahrverbote den klagenden Umweltverbänden zuzuschieben. Nicht diese seien dafür verantwortlich, dass das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit mit Verboten durchgesetzt werden müsse, sondern die untätige Politik.

Käthner konterkarierte zudem das ständig auftauchende Gerede von den betrogenen und betroffenen Dieselbesitzern: Der Hinweis, dass nicht Dieselbesitzer, sondern Lungenbesitzer, die wahrlich Betrogenen seien und Lungen im Gegensatz zu Dieselfahrzeugen nicht nachgerüstet werden könnten, kührte die HAZ sogar zum Titel ihres Berichts.

Auch die Chance, den Verantwortlichen zu erklären, mit welchen innovativen Konzepten andere europäische Großstädte die Verkehrswende einleiteten, ließ er sich nicht entgehen. Und so berichteten wir vom autofreien Seine-Ufer in Paris, von der Genfer Innenstadt, zu der Autos und Lieferwagen mit Verbrennungsmotoren keine Zufahrt mehr erhalten und vom multimodal verknüpften öffentlichen Nahverkehr in Madrid.

Oberbürgermeister Schostok konnte da nur auf die vielen „Konzepte“ der Stadt Hannover hinweisen. Dass es in der Landeshauptstadt nicht an Konzepten mangelt, sondern an der Umsetzung ganz konkreter Maßnahmen wurde allerdings in der Diskussion mit dem Publikum schnell deutlich.

Der OB musste sich peinlich viele Vorschläge anhören, was auf städtischer Ebene alles möglich wäre, um eine echte Verkehrswende einzuleiten: höhere innerstädtische Parkgebühren, ein funktionierendes Park und Ride System, eine Änderung des Baurechts, welches noch immer einen Autostellplatz für jede Wohneinheit vorsieht, ein Radschnellwegesystem und, und, und. Es mangele nicht an Ankündigungen, sondern an der konsequenten Umsetzung, so der Tenor.

 

Einen sehr guten Bericht über den Abend gibt es auch online bei der HAZ. Diese bot außerdem einen Live-Ticker, den es ebenfalls online zum Nachlesen gibt sowie eine Fotostrecke des Abends.

 

24.04.2018