Die Luft wird dünner in Hannover…

… derzeit aber vor allem für diejenigen, die sich mit Händen und Füßen gegen wirksame Maßnahmen gegen die Luftverschmutzung stemmen.

Seit die Deutsche Umwelt Hilfe (DUH) um Jürgen Resch eine Klage gegen die Stadt angekündigt hat, ist „abwarten und hoffen“, wie es Oberbürgermeister Schostok noch im September erklärte, keine Option mehr.

In einem Gespräch mit dem DUH-Geschäftsführer Ende Oktober, hat die HannovAIR Connection die DUH darin bestärkt, eine Klage auf den Weg zu bringen. Die Entscheidung der DUH, die Untätigkeit der Stadt nicht einfach hinzunehmen und auf Einhaltung der Grenzwerte zu klagen, begrüßen wir ausdrücklich.

Jürgen Resch (l.) mit Vertretern der HannovAIR Connection

Was aber bringt eine Klage? Was treibt die Deutsche Umwelthilfe an und ist das nicht lediglich Schikane gegenüber den vielen „betrogenen“ Autofahrern?

Wir meinen: nein!  In Hannover werden die seit 2010 geltenen Jahresmittelgrenzwerte für Stickstoffdioxid seit Jahren überschritten, seit 2012 steigt die Belastung sogar an einigen Straßen in Hannover wieder an.

Hinzu kommt, dass diese Mittelwerte allein recht wenig über die tatsächlichen Belastungen aussagen. Der als Durchschnitt errechnete Jahresmittelwert, der als Referenzwert verwendet wird, wird täglich um ein Vielfaches überschritten. Gerade zu Stoßzeiten liegen die Werte um ein Vielfaches höher. Darunter leiden vor allem Kinder, Jugendliche und ältere Menschen und führen laut Umweltbehörde der Europäischen Union zu 12.860 vorzeitigen Todesfälle in Deutschland durch Stickoxide – fast vier mal mehr, als durch Verkehrsunfälle ums Leben kommen!

Die immer häufiger auftretenden chronischen Krankheitsbilder wie Asthma und COPD haben bereits zu einem Aufschrei von Fachärzten aus allen Teilen der Republik, wie Norbert Mülleneisen aus Leverkusen oder Professor Schweisfurth aus Cottbus, geführt. Sie fordern von der Politik, die Interessen der Autoindustrie nicht über die Gesundheit der Mitbürger zu stellen. Zuletzt mahnte auch Martina Wenker, Präsidentin der Ärztekammer Niedersachsen, die Emmisionswerte seien inakzeptabel und betont: „Auch in Hannover macht die Luftverschmutzung krank!“

                                                                                                             Quelle: Eigene Darstellung, Daten: Umweltbundesamt

Hannover hat ein Feinstaubproblem

Auch mit Feinstaub hat Hannover – entgegen der gängigen Behauptung – ein Problem.  Während die EU bei Stickstoffdioxid den empfohlenen Grenzwerten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gefolgt ist, wurden die Grenzwerte für Feinstaub einfach doppelt so hoch festgesetzt. So kommt es, dass in einem Fall die Grenzwerte eingehalten werden (Feinstaub) und im anderen nicht (NOx). Das Feinstaubproblem wurde also politisch „wegdefiniert“.

Die von der WHO festgelegten Grenzwerte für Feinstaub (20µg/m³ anstatt 40µg/m³) werden in Hannover nicht eingehalten!

Das Problem der Luftverschmutzung ist allen Beteiligten – ob auf Bundes-, Landes-, oder städtischer Ebene – schon lange bekannt. Selbst nach den aufgeflogenen Manipulationen der Autoindustrie wird das Problem jedoch auch in Niedersachsen weiter misachtet, kleingeredet oder vertuscht!

                                                                                                                Quelle: Eigene Darstellung, Daten: Umweltbundesamt

Dass die DUH nun die Politik dazu zwingt, die eigenen Gesetze einzuhalten, wie Jürgen Resch betont, kann vor diesem Hintergrund nur begrüßt werden. Resch weist zudem darauf hin, dass mittlerweile zahlreiche Gerichte bestätigt haben, dass das im Grundgesetz verbriefte Recht „auf Leben und körperliche Unversehrtheit“ (Art. 2, II) nicht gegen andere Interessen (Eigentum an Dieselfahrzeugen oder wirtschaftliche Interessen der Stadt) abgewogen werden darf.

Diese höchstrichterliche Einschätzung scheint aber in Niedersachsen noch nicht angekommen zu sein. Gegen Diesel-Fahrverbote oder eine City-Maut sträubt man sich nach Kräften. Dazu heißt es vom Oberbürgermeister: man „müsse mehrere Interessen im Auge behalten und klug abwägen“.

Wie sehr die Klage Bewegung in die verfahrene Situation bringt, zeigt ein lokales Beispiel: Hieß es noch im September, die E-Transporter der Post seien für den Einsatz im Zentrum der Landeshauptstadt ungeeignet (unter anderem, weil die notwendige Ladeinfrastruktur fehle), geht es eine Woche nach der angekündigten Klage, plötzlich doch. Wohl alles lediglich eine Frage des Wollens.

Untätigkeit und Trickserei wird nicht länger toleriert

Es bewegt sich also endlich etwas in Hannover – auf Druck der Bürger: Das uneinsichtige Verhalten des VW-Konzerns, aber auch die Untätigkeit der Stadt wurden kürzlich auf einer Veranstaltung im Rathaus stark kritisiert. Dort machten Aktivisten ihrem Ärger Luft und forderten Maßnahmen, die das Problem im hier und jetzt lösen.

Auch die Hannoversche Allgemeine (HAZ) befand kürzlich, Hannover könne „die eine oder andere Vision ganz gut gebrauchen. Zum Beispiel eine zum Thema Verkehr in der Innenstadt.“ Und Redakteur Conrad von Meding appelierte in seinem Kommentar an jeden einzelnen, einen Beitrag zu leisten und das Auto an einem Tag in der Woche stehen zu lassen: „Die Lösung des Luftproblems haben kurzfristig nur wir Autofahrer in der Hand. Wie wäre es – an einem Tag in der nächsten Woche?“ Das wäre schonmal ein Anfang! Und eine Vision für eine echte Verkehrswende?

Da hätten wir doch was im Angebot: Positionspapier_HannovAIR

16.11.2017